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Kleinmotorräder an der PSG

Die Kleinmotorrad-Teilnahme bei der praktischen Grundschulung (PGS) hat auf Seiten der Fahrlehrerschaft Fragen aufgeworfen und für Bedenken gesorgt. Eine Evaluation des ASTRA sollte für Aufklärung sorgen.

Seit Anfang 2021 darf die praktische Grundschulung für Motorradfahrer (PGS) neu auch mit Kleinmotorrädern (Klemo: Kat. A1 Höchstgeschwindigkeit 45 km/h, Hubraum maximal 50 cm3 oder Leistung 4 kW) absolviert werden (Art. 19 f. der Verkehrszulassungsverordnung VZV, SR 741.51 und dazugehörige Weisungen). Vonseiten der Fahrlehrerschaft wurden bezüglich der Klemo-Teilnahme am PGS-Kursteil drei Bedenken geäussert. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) stellte daraufhin in Aussicht, eine Evaluation durchzuführen. Diese wurde von Peter Kneubühler als Projektleiter durchgeführt.

Das ASTRA entschied sich, vorgängig eine Monitoring-Phase durchzuführen, bevor allenfalls eine Evaluation starten würde. Es begründete diese Vorgehensweise damit, dass von einer über mehrere Jahre andauernden Evaluation nur beschränkt aussagekräftige Resultate zu erwarten wären und weil sie davon ausging, dass nur wenige Personen die PGS ab 2021 mit einem Klemo besuchen werden. Das Monitoring wurde innert sechs Monaten, von März bis August 2021, durchgeführt. Es erfolgte stichprobenartig in PGSKursen in verschiedenen Landesregionen. Dreizehn Fahrlehrer hatten sich zur Mitwirkung bereit erklärt.

Am 10. Februar 2021 versendete das ASTRA den Teilnehmenden ein Schreiben inkl. einer Tabelle zur Meldung der Beobachtungen. Während einer sechsmonatigen Monitoring-Phase sollten die Teilnehmenden jeweils zum Anfang des neuen Monats die Berichte zu den Beobachtungen über folgende drei Punkte erstatten:

  • Anzahl Personen, die mit einem Klemo die PGS besuchen.
  • Angabe des Jahrgangs dieser Personen.
  • Anzahl Personen, die mit einem ein- oder zweiplätzigen Klemo die PGS besuchen und die beiden Übungen, bei denen der Fahrlehrer aufsitzen muss, nicht absolvieren können, weil aus verschiedenen Gründen das eigene oder ein anderes zweiplätziges Klemo nicht verwendet werden kann.

Gemäss den eingegangenen Meldungen haben in der Monitoring-Phase insgesamt 16 von total 712 Personen (gut zwei Prozent) die PGS mit einem Klemo absolviert. Davon haben 13 Personen mit einem zweiplätzigen und drei Personen mit einem einplätzigen Klemo teilgenommen. Alle 16 Personen waren beim PGS-Besuch 15 Jahre alt (Jahrgang 2005 oder 2006).
Als Gründe, dass die beiden Übungen, bei denen der Fahrlehrer aufsitzen muss, nicht absolviert werden konnten, wurden die folgenden angegeben:

  • Die geringe Geschwindigkeit des Klemo im Verhältnis zum übrigen Verkehr liess eine Durchführung der betreffenden Übungen nicht zu.
  • Im Kurs stand kein zweiplätziges Klemo zur Verfügung, mit welchem die betreffenden Übungen hätten durchgeführt werden können.

Schlussfolgerung ASTRA
Die Auswertung der Monitoring-Phase zeigt deutlich, dass sich die vorgängig geäusserten Bedenken der Fahrlehrerschaft und insbesondere der PGS-Kursveranstalter nicht bestätigt haben. Weder gibt es aufgrund der am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Bestimmungen eine Vielzahl von Personen, welche die PGS mit einem Klemo besuchen, noch sind diese Personen älter als 15-jährig. Zudem sind die in der PGS verwendeten Klemo meistens zweiplätzig, was grundsätzlich auch die Durchführung der Aufsitzübungen ermöglicht. Aus diesen Gründen besteht für das ASTRA zum heutigen Zeitpunkt kein weiterer Handlungsbedarf punkto Evaluation oder gar Überdenken der bestehenden Regelung. Nichtsdestotrotz wird das ASTRA die Entwicklung nicht nur betreffend die Teilnahme von Personen mit Klemo an der PGS, sondern auch hinsichtlich der Unfalldaten im Zusammenhang mit Klemo sowie von 15- und 16-jährigen Motorradfahrenden genau beobachten. Im Bedarfsfall würde das ASTRA erneut aktiv.

Schlussfolgerung SFV Fachgruppe Motorrad, Jürg Stalder
Bei der PGS handelt es sich «nur» um eine Grundschulung. Die Fachgruppe Motorrad des Schweizerischen Fahrlehrerverbands (SFV) hat im vergangenen Jahr erste Erfahrungen gemacht. Dabei hat sich gezeigt:

  • dass das Organisieren und Durchführen des PGS-Kursteils 3 mit Personen, die mit einem Klemo an diesem Kursteil teilnehmen, zwar anspruchsvoller, aber machbar ist;
  • dass die Personen, welche die PGS mit einem Klemo besuchen, in der Regel 15 Jahre alt sind.

Die Fachgruppe Motorrad und der SFV sind der Auffassung, dass es äusserst sinnvoll ist, wenn gerade diese 15-Jährigen bereits mit der sicheren Fahrzeugbedienung in allen Situationen, der Gefahrenlehre sowie der umweltschonenden und energieeffizienten Fahrweise (Bestandteile des dritten PGS-Kursteils) im Hinblick auf eine unfallfreie Verkehrsteilnahme und ihre allfällige weitere «Motorradkarriere» vertraut gemacht werden können.

Bei alldem darf nicht vergessen werden, dass es sich bei der PGS «nur» um eine Grundschulung handelt. Will heissen: Insbesondere (aber nicht nur!) die mit einem Klemo an der PGS teilnehmenden Personen sollten unbedingt dafür sensibilisiert werden, beim Aufstieg zu einem schnelleren und leistungsstärkeren Motorrad zusätzlichen Unterricht (Haupt- und Perfektionsschulung) bei einem Motorrad-Fahrlehrer zu besuchen.

Die Herausforderung stellt sich bei PGS-Kursteil 3
Die Fachgruppe Motorrad ist sich weitgehend einig darin, dass das Absolvieren des Kursteils 1 der PGS mit Klemo in gemischten Gruppen problemlos ist, da dieser auf dem Platz stattfindet.

Kursteil 2 der PGS kann ebenso problemlos mit Klemo besucht werden, da in diesem hauptsächlich mit Innerorts-Geschwindigkeit gefahren wird und es sich von der Leistung her in etwa gleich verhält wie mit einem Motorrad (50 ccm und ohne Geschwindigkeitsbeschränkung) der Unterkategorie A1 mit Sozius. Die Herausforderung stellt sich vor allem bei Kursteil 3 der PGS: Es ist offensichtlich, dass hier vorzugsweise nicht gemischte Gruppen mit Klemo-Teilnehmenden und Teilnehmenden mit einem Motorrad (125 ccm) der Unterkategorie A1 oder der Kategorie A (beschränkt oder unbeschränkt) ausgebildet werden sollten.

Zusammenarbeit ins Auge fassen
Da sich nicht sehr viele Absolvent:innen in vorgenanntem Segment bewegen, sind Motorradfahrlehrer:innen aufgerufen, auch die Möglichkeit zu prüfen, sich regional für diese Klientel zusammenzuschliessen und Gruppen zu bilden.
«Ein grosses Anliegen ist es mir», hält Fachgruppen-Präsident Jürg Stalder fest, «dass wir Motorradfahrlehrer unsere Verantwortung wahrnehmen und unser Bestes für die Ausbildung und Verkehrssicherheit geben, auch für die 15-Jährigen. Nur so werden sie uns auch für eine freiwillige Weiterbildung aufsuchen.»

Interview mit teilnehmenden Fahrlehrern
FL-Magazin hat drei teilnehmende Fahrlehrer um ihre Stellungnahme und die Erfahrungen mit Teilnehmer:innen der Kat. A1 45 km/h (Kleinmotorräder) gebeten.

Vorschlag von Bernard Haenggeli
Kleinmotorräder A1 (Klemo) auf 60 statt auf 45 km/h begrenzen. Dies würde folgende Probleme lösen: Korrekte Platzierung bzw. Einordnung im Strassenverkehr

  • Grössere Geschwindigkeit beim Fahren zu zweit
  • Klarere Trennung zwischen kleinen Motorrädern und Elektrofahrrädern
  • Tuning des Motorrades verhindern (Aufhebung der max. Geschwindigkeit von 45 km/h)
  • Grössere Fahrsicherheit beim Umstieg auf höhere Kategorien
  • Eine logischere Zweirad-Fahrausbildung für die jungen Motorradfahrer/innen
  • Möglichkeit für die Instruktoren, diese leichten Motorräder A1, auf 65 oder 70 km/h begrenzt, im selben Grundkurs teilnehmen zu lassen (Wir machen dies bereits, aber der Unterricht ist aufgrund der Platzierung im Strassenverkehr chaotisch und nicht logisch.)
  • Kleinmotorräder mit 45 km/h sollten auf einen Sitzplatz beschränkt werden

Online-Veröffentlichung: 30.5.2022
Beitrag: Ravaldo Guerrini
Quelle: ASTRA, SFV
Bild: Ravaldo Guerrini; samopauder, stock.adobe.com