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Verkehrsunfälle: Regionale Unterschiede nehmen ab

Das Tessin und die Romandie waren in der Vergangenheit stärker von Sicherheitsproblemen im Strassenverkehr betroffen als die Deutschschweiz. 2021 haben sich die Unterschiede tendenziell abgeschwächt, wie eine neue BFU-Analyse zeigt. Die Unfallmuster haben sich hingegen kaum verändert und die regionalspezifischen Sicherheitsprobleme bleiben bestehen.

Viele Sicherheitsaspekte unseres Landes werden regelmässig aus dem Blickwinkel der Sprachregionen analysiert; der Strassenverkehr bildet da keine Ausnahme. In einer Studie im Jahr 2010 hat die BFU grosse regionale Unterschiede festgestellt. Dieses Jahr wurde die Studie aktualisiert (nur auf Französisch erschienen) und kommt zum Schluss: Die Unterschiede zwischen den Sprachregionen schwächen sich tendenziell ab, das Muster im Unfallgeschehen jedoch bleibt bestehen.

Risiko für schwere Unfälle in der ganzen Schweiz gesunken
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass in allen Spracheregionen das Risiko für einen schweren Verkehrsunfall tiefer ist als noch 2010. Im Tessin ist die Zahl der schwer verletzten und getöteten Personen proportional, also pro 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner, am stärksten gesunken und liegt nun bei durchschnittlich 51 (99 im Jahr 2010). In der Romandie beträgt diese Zahl 49 (74) und in der Deutschschweiz 45 (54). Auch die Letalität – also das Risiko, bei einem Verkehrsunfall an den Folgen der Verletzungen zu sterben – ist in allen drei Sprachregionen zurückgegangen.

Parallel zu dieser positiven Gesamtentwicklung zeigt die Analyse der BFU, dass die regionalspezifischen Merkmale bestehen bleiben, sich aber tendenziell abschwächen. Noch immer spielt beispielsweise die Geschwindigkeit bei Verkehrsunfällen in der Deutschschweiz und in der Romandie eine grössere Rolle als im Tessin. Und noch immer gilt: der Anteil der schweren Unfälle, bei denen Alkohol im Spiel war, ist in der Westschweiz und im Tessin höher als in der Deutschschweiz.

Die festgestellten Unterschiede werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst, unter anderem von der Einstellung und vom Verhalten der Bevölkerung. Im Tessin etwa ist die subjektive Erwartung, in eine Geschwindigkeitskontrolle zu geraten, höher als in der Deutschschweiz. Das ist ein Grund, weshalb es im Tessin weniger Geschwindigkeitsunfälle gibt. Ausserdem zeigt die Analyse, dass im Tessin die Aussage, dass man sicherer ist, wenn man sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen hält, breiter unterstützt wird.

 

Deutschschweiz fährt mehr Velo
In der Vergangenheit wurden vor allem Autoinsassinnen und Autoinsassen bei Verkehrsunfällen schwer verletzt. Aktuell machen die Zweiräder jedoch den grösseren Anteil aus: in der Westschweiz und im Tessin sind es die Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer, in der Deutschschweiz die Velo- und E-Bike-Lenkenden.

Hier spielen besonders beliebte Verkehrsmittel in der Region eine Rolle. Die Studie zeigt, dass die Menschen in der Deutschschweiz im Schnitt mehr als doppelt so lange Strecken mit dem Velo zurücklegen wie die Menschen der anderen Sprachregionen. Auch der Anteil der Personen, die angegeben haben, dass sie jeden oder fast jeden Tag Velo fahren, ist in der Deutschschweiz mit 12 % viel höher als in der übrigen Schweiz (4 %). Dort werden hingegen längere Strecken mit dem Motorrad zurückgelegt.

Die Studienresultate der BFU unterstreichen, wie wichtig es ist, Präventionsmassnahmen weiterhin auf die regionalen Besonderheiten auszurichten. Denn: je nach Sicherheitsproblem können unter Umständen andere Massnahmenakzente nötig sein. Diesem Faktor will die BFU weiterhin Rechnung tragen. Die Unterschiede in den Sprachregionen müssen auch in der nationalen Verkehrspolitik eine Rolle spielen, um die Ziele des Bundesamts für Strassen ASTRA zu erreichen: unter 100 Tote und unter 2500 Verletzte bis 2030.
 

Online-Veröffentlichung: 21.12.21
Beitrag/Quelle: bfu
Bild: Adobe Stock