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Korrekt parkieren mit dem Motorrad

Wo parkiere ich mein Motorrad oder meinen Roller, wenn es keine ausgewiesenen Motorradparkplätze gibt? Während Autofahrer genau wissen, wo sie parkieren dürfen, und auch regelmässig Parkplätze vorhanden sind, fehlen Motorradparkplätze meistens. Auch Fahrräder sind diesbezüglich bessergestellt, da sie auf dem Trottoir parkieren dürfen, sofern 1,5 m freier Platz übrigbleibt (Art. 41 Abs.1VRV).


Zudem werden die sehr raren Motorradparkplätze vielfach von Fahrrädern benutzt. Wohin nun mit den immer mehr werdenden Motorrädern und Rollern? Der Motorradbestand ist in der Schweiz in den letzten Jahren kontinuierlich auf einen Bestand von 788800 Motorräder gestiegen (2021).
Dazu gesellen sich die zahlreichen ausländischen Besucher:innen im «Motorradland» Schweiz.

Wo sollen die Motorradfahrer also hin?

  • Auf die leeren Fahrradparkplätze? Achtung: Parkiert ein Motorrad auf einem Veloparkplatz, droht eine Busse.
  • Auf das angrenzende Trottoir? Auch wenn 1,5m freier Platz bleibt, droht eine Busse. Gemäss Art. 41 der VRV ist es nur Fahrrädern erlaubt, auf dem Trottoir zu parkieren.
  • Wer denkt, er könnte sein Motorrad/seinen Roller auf einem Autoparkplatz oder am Ende eine Parkplatzreihe parkieren und die ordentliche Parkgebühr entrichten, liegt komplett falsch. Das Parkieren eines Motorrads auf Autoparkplätzen ist strikte verboten, wiederum ist mit einer Busse zu rechnen.


Selbst dort, wo das Parkieren ausdrücklich erlaubt ist, gibt es Regeln
Grundsätzlich darf ein Motorrad auf öffentlichem Raum nur auf für Motorräder gekennzeichneten Parkplätzen abgestellt werden. Gemäss Art. 79 Abs.1 der Signalisationsverordnung dürfen Fahrzeuge nur auf Parkplätzen parkiert werden, die für die Fahrzeugart grössenmässig bestimmt sind. Das heisst, ein Roller/Motorrad darf nicht auf einen Autoparkplatz gestellt werden. Genauso verhält es sich mit Autos, die auf Lkw-Parkplätze gestellt werden. Dasselbe gilt auch für Veloparkplätze. Auch dort ist mit einer Busse zu rechnen.


Parkgebühren für Roller und Motorräder
Während in unseren EU-Nachbarländern ein Signal für Motorradparkplätze existiert, fehlt ein solches in der Schweiz, was bezeichnend für den Parkplatz-Missstand in der Schweiz ist. Trotz dieser Tatsache hat der Bund (ASTRA) bei der Teilrevision der VRV und SSV die Möglichkeit geschaffen, Parkgebühren für Motorräder, Roller und E-Bikes zu erheben. Wird jetzt alles besser?
Auf Wunsch des Städteverbands können auch Parkplätze für Motorräder der Gebührenpflicht unterstellt werden. Um den kantonalen und kommunalen Signalisationsbehörden bei der Einführung der Gebührenpflicht einen möglichst grossen Spielraum einzuräumen, ist Art. 48b Abs. 1 SSV dahingehend erweitert worden, dass der Anwendungsbereich des Signals «Parkieren gegen Gebühr» (4.20) auf alle Fahrzeuge ausgedehnt wird. Somit haben die Signalisationsbehörden unter anderem auch die Möglichkeit, gebührenpflichtige Parkfelder für Motorräder, Roller, klassische Mofas und schnelle E-Bikes vorzusehen, was aufgrund der für diese Fahrzeuge bestehenden Kontrollschildpflicht auch gut kontrollierbar ist.

Art. 79 SSV, der in seiner heutigen Fassung alle Markierungen für den ruhenden Verkehr regelt, wurde in zwei Artikel unterteilt. Art. 79 SSV regelt Parkflächen, auf denen das Halten und Parkieren grundsätzlich gestattet ist, und Art.79a SSV regelt das Anhalten und Parkieren, wo es grundsätzlich nicht gestattet ist. Bisher hat sich die Berechtigung, auf einem Parkfeld zu parkieren, ausschliesslich aus der grössenmässigen Bestimmung des jeweiligen Parkfeldes ergeben. In Art. 79 Abs. 4 SSV werden die neuen Möglichkeiten, ein Parkfeld einzig mit einem Symbol für bestimmte Fahrzeugarten und Benutzergruppen reservieren zu können, beschrieben. Sind diese Symbole auf einem Parkfeld markiert, bedarf es keiner zusätzlichen Signalisation, um das Parkfeld für die angesprochenen Benutzergruppen zu reservieren. Wer vor 2021 mit dem Töff unterwegs war, konnte sich auch die Parkgebühren sparen. Denn in der Schweiz mussten Töff-, Roller- und E-Bike-Fahrer bisher nichts bezahlen, wenn sie ihr Fahrzeug parkiert haben. Die Stadt Luzern hat von dieser neuen Möglichkeit Gebrauch gemacht, zunächst im Rahmen eines Pilotprojekts am Löwengraben: Dort soll es künftig 24 Motorrad-Parkplätze geben, deren Benutzung 60 Rappen pro Stunde kostet. Wenn sich das Konzept bewährt, könnte das Gebührenmodell auf weitere Motorrad-Parkplätze in der Stadt Luzern und anderen Städten ausgedehnt werden.

 

Experteneinschätzung durch Ulrich Bärtsch,
Stv. Leiter Verkehrstechnik bei der Kantonspolizei St.Gallen

Für Motorräder ist – im Gegensatz zu Fahrrädern – keine Zwischenlösung vorgesehen und stellt tatsächlich ein ungelöstes Problem dar.

Grundsätzliches
Wie bekannt ist, besagt Art. 37 Abs. 2 SVG, dass Fahrzeuge nicht angehalten oder abgestellt werden dürfen, wo sie den Verkehr behindern oder gefährden könnten. Wo möglich sind sie auf Parkplätzen aufzustellen. Die Details sind in Art. 18 ff. VRV geregelt. Nun ist es aber so, dass die Artikel 18 ff. in der VRV nur das Parkieren und Halten auf Strassen bzw. Fahrbahnen regeln. Die Parkplätze gelten zwar als Verkehrsflächen (Art. 1 VRV), jedoch nach Lesart nicht als Strassen/Fahrbahn. Folglich würden die in Art. 18 ff. VRV beschriebenen Regeln mit Bezug auf Strassen (dazu gehört auch das Trottoir)/Fahrbahnen auf Parkplätzen nicht zur Geltung kommen. Hingegen spielt auf öffentlichen Verkehrsflächen die Regel mit, dass Fahrzeuge nur innerhalb markierter Feldern parkiert werden dürfen (VRV 79 Abs. 6).

Belegung Parkfelder
Die Bestimmung von Art. 79 Abs. 6 SSV wird tatsächlich so ausgelegt, dass die Mehrfachbelegung eines Pw-Parkfeldes durch einspurige Fahrzeuge grundsätzlich nicht zulässig ist. Der Vollzug (Toleranzgrenze) wird gemäss meinen Nachfragen unterschiedlich gehandhabt. Hier bestehen selbst in der Ostschweiz Unterschiede. Aus rechtlicher Sicht ist Durchsetzung der Bestimmung betreffend Parkfeldgrösse und Fahrzeugart für jedes einzelne Fahrzeug jedoch gegeben.

Private Parkflächen/Gebührenbezug
Der Vollzug auf privaten Parkierungsflächen liegt beim Grundstückbesitzer und kann im Kanton St. Gallen nur gestützt auf ein gerichtliches Verbot geahndet werden. Wie und ob dies zur Anzeige gelangt (Parkgebühr) ist Sache des Besitzers. Auf jeden Fall muss das Verbot so erlassen worden sein, dass die Gebührenpflicht und evtl. das Parkieren auf den Parkfeldern (wo vorhanden) angewendet werden kann. Die rechtlichen Grundlagen dazu finden sich in Art. 113 der SSV und Art. 258 der ZPO (Zivilprozessordnung). Der Vollzug dieser Bestimmungen liegt beim Grundstückbesitzer.

Gebühren auf öffentlichen Flächen
Der Gebührenbezug auf öffentlichen Verkehrsflächen ist im Kanton St. Gallen im Strassengesetz (sGS 732.1) geregelt. Gemäss Art. 20 / 21 StrG kann eine Gemeinde das Abstellen unter Gebührenpflicht stellen. Dazu ist ein Reglement (z.B. Parkierungsreglement) erforderlich. Darin wird u. a. auch festgehalten, welche Fahrzeuge der Gebührenpflicht unterstehen. Viele Reglemente sind noch nicht auf den neuen Artikel, wonach sämtliche Fahrzeuge der Gebührenpflicht unterstehen (Art. 48b SSV), abgestimmt. Dies kann bewusst oder unbewusst sein.
Aufgrund des «ungelösten Problems» beim Parkieren von Motorrädern wird das Thema Motorradparkieren bei der nächsten Sitzung des Signalisationsforums SigFor (Veranstaltung von ASTRA/bfu), das im November 2022 stattfindet, eingebracht und die Handhabung nach- und hinterfragt.

 

Online-Veröffentlichung: 10.10.2022
Beitrag: Ravaldo Guerrini
Quelle: Kantonspolizei St. Gallen
Bilder: Ravaldo Guerrini